Lange hat Putins Russland auf eine gemeinsame europäische Friedensordnung gesetzt. Nun ist Krieg. Der Weg zum Frieden führt über eine Doppelstrategie
Groß war die Aufregung, als Ex-US-Präsident Donald Trump Deutschland die Freundschaft aufkündigte. Sein Interesse war bekanntlich der Fokus nur auf US-amerikanische Interessen. Da gehörte die Verteidigung Europas nicht dazu. Frustriert und mahnend resümierte Angelika Merkel „Wir Europäer müssen unser Schicksal in die eigene Hand nehmen“ – nach einem Treffen mit Trump auf dem G-7-Gipfel 2017 auf Sizilien.
Trump hatte klargemacht, dass er nun endlich die lange schon vereinbarten erhöhten Verteidigungsausgaben erwarte und dass Europa nicht mehr auf die uneingeschränkte Unterstützung durch die USA zählen könne.
Es ging also um die Stärkung unserer Wehrhaftigkeit. War das überhaupt notwendig? Es gab doch Diplomatie und deren Verhandlungsstärke. Und man hatte doch 180.000 Soldat:innen unter Waffen und ein Budget von 35 Milliarden. War da noch was? Ach ja, der Zustand der Bundeswehr.
Machtspiele statt Kompetenz bei Ministerbesetzungen
Die Probleme der Bundeswehr sind typisch für eine Organisation mit großer Mannschaft und teurer, komplizierter Technik. Sie stellt eine Führungsherausforderung, die auch von großen Firmen der Wirtschaft bekannt ist. Das ist nicht nur eine politische Aufgabe. Sie ähnelt vielmehr den organisatorischen Herausforderungen großer Logistik-Unternehmen wie Federal Express, UPS, Schenker oder DHL.
Deren Manager wissen, wie in solchen Strukturen Leistung und Qualität sicherzustellen sind. Die Komplexität von Logistik-Unternehmen, aber auch vielen anderen großen Konzernen der Wirtschaft, ist ähnlich – und sie agieren alle international.
Aber bei Ministerposten zählt bei uns nicht Kompetenz, sondern macht- und parteipolitisches Kalkül. Und so musste die Ärztin Ursula von der Leyen den Posten der Verteidigungsministerin übernehmen.
Sie merkte, dass sie nicht die richtige war und warb eine Flut von Beratern an, ein beliebter Weg, wenn die Kompetenz nicht reicht, aber einen Weg, der eben nicht genügt für die richtigen Entscheidungen. Denn entscheiden und Entscheidungen durchsetzen müssen die Minister:innen.
War da noch was? Ach ja, den für die Ärztin von der Leyen besser passenden Posten an der Spitze des Gesundheitsministeriums gab man dem Bankkaufmann Jens Spahn, der durch seine zahlreichen Fehler in der Anfangszeit der Coronapandemie eher als gesundheitsgefährdend auffiel. Nein, die Kabinettsbesetzungen von Angela Merkel waren nicht gerade die glücklichsten Entscheidungen. War da noch was?
Eigentlich hätte man meinen können, dass Merkel die ideale Kanzlerin für eine Verbesserung der Beziehungen mit Moskau sein könnte. Sie spricht Russisch, sie hat in Moskau wissenschaftlich gearbeitet, sie hat die DDR erlebt und sie weiß sicher, dass Putin im Grunde deutschfreundlich ist.
Sie war Ministerin, als Putin am 25. September 2001 seine Rede im Bundestag hielt und eine neue Sicherheitsstruktur für Europa forderte. Gerade deshalb dürften ihr die Diskussionen um die Osterweiterung der Nato und deren Problematik in Erinnerung sein.
War da noch was? Waren nicht bald danach die nun freien osteuropäischen Staaten an die Nato angeschlossen worden und gab es keine neutrale Pufferzone mehr – wobei nur die Ukraine schutzlos blieb, nur auf eigene Kraft angewiesen?
Waffen für die Ukraine
War noch was? Ach ja, wir liefern keine Waffen an die Ukraine, auch keine Defensivwaffen wegen unserer Geschichte. Außenministerin Annalena Baerbock (Bündnis90/Die Grünen) muss einen schlechten Geschichtslehrer gehabt haben oder schlechte Professoren bei ihren Vorlesungen in Völkerrecht.
Denn gerade die deutsche Geschichte lehrt, dass sich demokratisch gewählte Führer zu Diktatoren entwickeln können, die nur mit Waffengewalt aufzuhalten sind, was nun die Bundesregierung ja einsieht.
Und die deutsche Geschichte lehrt auch, dass ein Gleichgewicht der Rüstung der beste Friedensgarant ist. Damit haben wir 50 Jahre gut gelebt, auch all die, die jetzt Minister:innen sind.
War da noch was? Ach ja, vor 20 Jahren hatten wir in seiner Rede einen ganz anderen Putin erlebt. Einen Putin, der für einen europäischen Sicherheitspakt warb und Russland in eine friedliche Gemeinschaft Europas integrieren wollte. Diese denkwürdige Rede vor dem Deutschen Bundestag liegt zwei Jahrzehnte zurück. Die damals ausgestreckte Hand wurde nicht ergriffen, die große Chance vertan.
Aber das war nicht das primäre Thema. Gerhard Schröder (SPD) war Bundeskanzler und entwickelte ein engeres Verhältnis mit Putin, sogar ein bisschen Freundschaft. Auch Angela Merkel hört die Rede und dürfte auch die ersten zehn Minuten, die auf Russisch gesprochen wurden, verstanden haben.
Aber dann folgten 20 Minuten in fließendem Deutsch, mit einem unüberhörbaren Appell, aus der Geschichte zu lernen und ein neues Fundament für Europa zu bauen. Eine vertane Chance von Schröder, und auch Merkel.
War da noch was? Ach ja, die SPD will nun Altkanzler Schröder aus der Partei ausschließen.