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Sonderstiftung statt Sondersteuer

Die Energiekonzerne erzielen durch die derzeitigen Krisen Milliarden an Zusatzgewinnen. Der Ruf nach einer Sondersteuer wird lauter, ist aber rechtlich und in ihrer Abwicklung äußerst problematisch. Das Stiftungsmodell erscheint als gute Blaupause, um solche Mittel rasch und zielgerichtet einzusetzen.

Die Quartalsberichte der großen Energie-Konzerne waren heuer mit besonderer Neugier erwartet worden. Covid, Krieg und Energiekrise hebelten die gewohnten Vorhersagen aus, Überraschungen waren vorprogrammiert.

Nicht nur überraschend, nein, schockierend waren dann die Gewinne vor allem der großen Ölkonzerne wie Shell, BP oder Exxon. Sie hatten die kriegsbedingt sich abzeichnende Knappheit von Öl und Gas genutzt für drastische Preiserhöhungen und den Bedarf aus ihren dramatisch aufgewerteten Lagerbeständen bedient. Ein typischer „Windfall-Profit“: unverdient, bedingt durch geopolitische Spannungen, zudem ohne jeden Versuch, die sozialen Folgen abzufedern.

Der Ruf nach einer Sondersteuer ließ nicht lange auf sich warten. Zu groß waren die Gewinnsprünge, während Hunderttausende, ja Millionen unter den gigantisch steigenden Spritpreisen und Heizkosten leiden. Die Marktwirtschaft zeigte ihre hässliche Fratze: knappes Angebot erlaubt Wucherpreise und Verantwortungslosigkeit trotz sozialer Schräglage.

Da wundert der Ruf nach einer Sondersteuer nicht – und Großbritannien diskutiert bereits einen Gesetzentwurf. Die Frage ist nur, ob das der optimale Weg ist. Denn Mehreinnahmen im Staatssäckel führen nicht automatisch zur gezielten Kompensation einer sozialen Schräglage der Gewinne. Wahrscheinlicher ist die Verwendung als Wahlgeschenk nach dem Gießkannenprinzip, von der langsamen Abwicklung vom Gesetz bis zur Ausgabenwirksamkeit und der rechtlichen Problematik ganz abgesehen.

Sonderstiftung – Alternative zur Sondersteuer

Sozial gesehen wäre für die Mittelverwendung eine rasche, gezielte Entlastung wenigstens eines Teils der Betroffenen sinnvoll. Dazu bietet sich das Modell der Stiftung. Denn die Idee der Stiftung ist ja, Vermögen an einen ganz spezifischen Verwendungszweck zu binden. Häufig sind es Gemeinwohl-Ziele wie die Förderung der Wissenschaft oder Kunst oder was immer sonst der Stifter festlegt. Analog könnte ein guter Teil des Übergewinns vom „Stifter“ – hier also dem Unternehmen – ausgliedert werden für einen die sozialen Schäden mindernden Zweck und so Sondersteuern vermeiden und die öffentliche Kritik mildern.

Bei Übergewinnen könnte so der Gesetzgeber je nach Branche eine Verwendung von extremen Gewinnanteilen für einen korrelierten Sozialbezug festlegen, bei den Ölkonzernen beispielsweise als Zuschüsse und Kredite für Pendler, zur Anschaffung von Elektroautos oder Solardächern. Denn besonders hart getroffen von den Spritpreiserhöhungen sind die weit außerhalb der Metropolen Wohnenden, bei zudem oft schlechter ÖPNV-Anbindung. Ein Solardach mit Stromspeicher würde eine preiswerte und umweltverträgliche Fahrt zur Arbeitsstätte ermöglichen, sozial gezielt für eine der am härtesten betroffenen Bevölkerungsgruppen.

Purpose statt Wahlgeschenk

Zielgerichtete Sonderstiftungen von Übergewinnen statt einer weiteren Aufblähung der Staatshaushalte wären eine Alternative, die schnell und zielgerichtet eingesetzt werden könnte. Gerade bei hohem öffentlichem Druck und der Sorge um das Firmenimage bietet sie sich als Alternative zu noch dickeren Dividenden an. Die gemeinwohlorientierte Verwendung würde sich aus den Gewinnursachen ableiten. Nimmt man beispielsweise den enormen Gewinnsprung der Impfstoff-Produzenten – allen voran der 3,7 Milliarden Jahresgewinn der Mainzer Firma BioNTech gegenüber 1,1 Milliarden im Vorjahr und der Verdreifachung des letzten Quartalsgewinns, so lässt sich dies auch mit hohen Forschungsvorleistungen nicht mehr verteidigen.

Einen Teil der Riesengewinne der Impfstoff-Firmen könnte man hier durch eine Sonderstiftung vielmehr einsetzen für Impfprogramme in den Ländern, deren Bevölkerung sich keine Impfung leisten kann. Oder ein weiteres Beispiel aus der Düngemittel- und Saatgut-Industrie wäre die Stiftung eines Teils der gerade überschäumenden Gewinne für die Nahrungsversorgung und die Landwirtschaft einiger der ärmsten Länder der Welt.

Die Idee einer Stiftung ist, Vermögen zweckgebunden zu kanalisieren. Der Gesetzgeber hat dies bisher als Konkurrenz zur Steuer gesehen und die Genehmigung an enge Auflagen gebunden. Auch nach der kürzlichen Gesetzesnovelle ist immer noch die bürokratische, zeitraubende Zulassung das bestimmende Element. Die Sonderstiftung zur Abschöpfung von Windfall-Profiten wäre ein Experimentierfeld, auf dem in einem überschaubaren Bereich die rasche Wirksamkeit der Stiftungsgelder durch einfachere Verfahren getestet werden könnte.

Denn eines brauchen die durch die eingangs genannten überschäumenden Gewinne Geschädigten besonders: schnelle Hilfe.

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