Ein Appell, die vielen Außenbereiche der kleinen Restaurants nicht zu vergessen, die in vielen Orten noch Rückhalt des Sozialen sind, mit frischer, gesunder Luft
Wir erinnern uns. Am 16. März sprach Markus Söder ein Machtwort und stellte das öffentliche Leben in Bayern fast auf null. Fast, denn in Bayern beginnt schon im März die Zeit des draußen Sitzens, die Zeit, in der Restaurants und Gasthäuser ihre Terrassen und ihre Gärten öffnen und der ersehnten südlichen Lebensfreude Raum geben.
Und weil er Bayern kennt, nahm Söder die Terrassen und Biergärten von der allgemeinen Schließung aus – natürlich mit Abstandsregel und ein bisschen Innenraum in den Restaurants, bis zu 30 Personen. Allerdings nur Untertags, bis 15:00 Uhr. Am Abend sitzt in dieser Jahreszeit keiner mehr in der Sonne. Soweit ich das beobachten konnte, haben sich Restaurants und Biergärten den Einschränkungen gut gefügt und liebevoll die Hälfte der Tische weggeräumt. Eine Woche lang durften die Bayern noch frische Luft genießen.
Dem föderalen Streit zwischen den Bundesländern wich Bayern so entschlossen aus und schuf Fakten. Aber Merkel wäre nicht Deutschlands Kanzlerin, wenn sie dem Föderalismus Vortritt gelassen hätte. Und so wurden die gastlichen Sonnenterrassen und Biergärten dem strengeren Berlin und seinen RKI-Beratern geopfert, die nach der Winterpause gerade eingerichteten Sitzbereiche wieder geräumt. Sonne gab es nur noch als Spaziergang.
Nach nun vier Wochen Isolationspflicht in Bayern zeigt sich zum Glück, dass die Intensivstationen nicht so gefüllt sind, wie befürchtet. Jetzt scheint es, dass Söders Humanität durchaus einer guten Lagebeurteilung entsprach. Dass inzwischen nach drei bis vier Wochen Isolation und einer Inkubationszeit von zwei Wochen eine Überlastung der Intensivpflege noch kommen sollte, will nicht einleuchten. Aktuell sind die Intensivstationen zu Zweidrittel ausgelastet, hart genug für das dort tätige Personal, aber immerhin noch mit etwas Spielraum.
Versprochen ist versprochen
Zu Ostern verlängerte sich die Verdoppelung der Infektionen nun auf 16 Tage. Und ab 14 Tagen Verdopplung wollte man über Lockerungen nachdenken. Ab dem Zeitpunkt ist die Zahl der Genesenen in etwa gleich groß wie die Zahl der neu Infizierten. Das ist erreicht.
Nun kann man hoffen, dass Berlin und RKI bald wieder erlauben, die Frühlingsluft wie gewohnt auf den Terrassen der Gasthäuser und vor den Eisdielen und Straßencafés zu genießen, mit Abstand und Anstand selbstverständlich und – sobald verfügbar – auch mit Maske.
Die Wettervorhersage für die nächsten Wochen bleibt weiterhin frühlingshaft. Vielleicht hatte Söder doch recht. Die Isolation ist eine Gratwanderung – aber ein paar Sonnenstrahlen bilden das Vitamin D, das das Immunsystem so dringend braucht und geben der gestressten Psyche neue Zuversicht. Der frühe Start hat dem durch seine Skiurlauber stark getroffene Bayern sehr geholfen. Es ging um jeden Tag. Aber Söder weiß um die geringe Popularität bayerischer Sonderwege in der restlichen Republik. Einen bayerischen Sonderweg wird es also nicht mehr geben. Aber man kann hoffen, dass diese kleine Erinnerung an dessen Menschlichkeit beim Treffen der Ministerpräsidenten angesprochen wird. Hoffen wir also auf ein bundesweites Geschenk zum nächsten Wochenende oder wenigstens für den ersten Tag danach.