Anlass sind gegensätzliche Zitate in einem taz-Beitrag zu einem Strom-Generator-Auftrag von Siemens in Indonesien und Gründung der Siemens Energy AG
Nachhaltigkeits-Gremiem – wie beispielsweise das Sustainability Board der zukünftigen Siemens Energy AG – müssen in Zukunft wegweisend auf die Art der Geschäfte von Unternehmen einwirken. Auf meine Beiträge dazu bei Klimareporter.de hatte die taz am 28. Juli kommentiert.
Deshalb mein Brief an Luisa Neubauer von FFF, die vom damaligen Siemens-Chef Joe Kaeser ein Jobangebot als Externe für dieses Siemens-Gremium angeboten bekommen hat.
Wir brauchen externe Klimaexperten in diesen Nachhaltigkeitsgremien.
Hallo Luisa,
wir trafen uns im Februar in München und tauschten unsere Bücher aus. Das war nach Deinem Gespräch mit Joe Kaeser und seinem Vorschlag einer Mitgliedschaft im Nachhaltigkeits-Gremium von Siemens. Jetzt hat uns die taz beide zitiert – als Gegensatz – und das erfordert Diskussion.
Ich kann dabei auf meine Erfahrungen als Industrievorstand zurückgreifen mit einem tieferen Blick auf die Praxis der Geschäftsführung bei Großprojekten. Juristisch bindend angenommene Aufträge kann man in diesem Bereich ohne Zustimmung des Kunden nicht zurückziehen. Die Aufträge haben eine langjährige und aufwändige Vorgeschichte bis es zum endgültigen Auftrag kommt. Dessen Annullierung löst Haftungen der Firma aus, die bei Beispielen wie der Carmaechel-Mine sehr teuer werden könnten. Denn die Suche nach einem Nachfolger wird bei dieser Publizität schwierig, wenn nicht sogar unmöglich – und ob andere die gleiche hochwertige Technik liefern können, ist zusätzlich offen. Ist der Auftrag erteilt, ist es zu spät. Verträge einzuhalten, ist ein Eckpunkt unseres Rechtsstaats.
Entscheidend ist die Unterbindung der Geschäftsbeziehung von Anfang an. Denn in der Frühphase ist keineswegs alles ein solcher eindeutiger „Auftrag“. Langfristige Projekte beginnen meist mit Koopertionsvereinbarungen oder einer Absichtserklärung und einem Angebot und das ist dann erst Grundlage für bindende Aufträge. In dieser Vorphase ist ein Ausstieg durchaus möglich.
Die Geschäftsbeziehung ist entscheidend
Deshalb sind frühzeitige und vorbeugende Regelungen wichtig. Die sind Aufgabe des in vielen Unternehmen nun vorhandenen „Nachhaltigkeits -Gremiums“. Es stellt entsprechende Geschäftsgrundsätze auf und überwacht kritische Geschäftsgebiete. Dieses Gremium hat natürlich keinen Tiefgang, wenn es nur mit internen Mitarbeitern besetzt ist, auch wenn der Nachhaltigkeitsbeauftragte des Unternehmens dabei ist. Denn Vetorechte werden ihm nicht zugestanden.
Wir müssen deshalb erreichen, dass die externe Mitsprache im Nachhaltigkeits-Gremium Standard wird. Das gilt auch für das Siemens Sustainability Board SSB, wie dieses Gremium dort heißt. Deshalb ist es wichtig, dass das damalige Gespräch einer Mitgliedschaft von externen Nachhaltigkeits-Spezialisten bei Siemens weiterverfolgt wird. Damit kann Themen wie dem Ausstieg aus der Kohle-Exploration entsprechend Druck und dennoch auch Praxisnähe verschafft werden und das Gleiche gilt für Leitlinien bei der Exploration von Öl und Gas. Aber die Zusammensetzung des verantwortlichen Boards muss stimmen. Der Nachhaltigkeitsbericht von Siemens zeigt mit seiner rein internen Zusammensetzung die Lücke, aber auch die zentrale Rolle: Nachhaltigkeitsaktivitäten werden vom Chief Sustainability Officer (CSO) gesteuert, der Mitglied unseres Vorstands ist. Er ist Vorsitzender des Sustainability Board (SSB), dem Vertreter aus Vorstand, Landesgesellschaften, »Operating Companies« und Zentralfunktionen angehören. Das SSB ist das zentrale Steuerungsgremium für Nachhaltigkeit bei Siemens.
Keine Firma wird ihren Ruf dadurch riskieren, dass sie Geschäfte über Nacht abdreht. Aber der Ausstieg aus Geschäften ist letztlich ein bekannter Prozess. Er kostet Arbeitsplätze und Geschäft und braucht deshalb etwas Zeit, wenn er sozialverträglich sein will, aber er lohnt sich für das Unternehmen, denn es bringt besseres Rating und besseres Image. Deshalb bitte ich dich, den Dialog mit Siemens bei der Besetzung des Sustainability Board der zukünftigen Siemens Energy AG mit Nachdruck fortzusetzen. Das Versprechen steht im Raum und Kontinuität und Nachhaltigkeit deines Dialogs wird die Umsetzung entscheidend unterstützen. Es ist eine Chance für Fridays4Future, die Geschäftskultur der großen Konzerne zu ändern.
Mit kämpferischen Grüßen
Peter Grassmann
PS: Mehr zum Thema findest du in meinen drei Beiträgen bei Klimareporter.de. Den Nachhaltigkeits-Bericht 2019 von Siemens (und mehr zum SSB auf Seite 11) unter: https://assets.new.siemens.com/siemens/assets/api/uuid:653997b6-8d38-49bf-9454- 5f469c27250a/version:1575472661/siemens-nachhaltigkeitsinformationen-2019.pdf
Zum thematisierten Artikel: https://taz.de/Neue-Kohlekraftwerksbloecke-in-Indonesien/!5699183/